Streufeldübersprechen

 

Bei Viertelspurgeräten gibt es immer wieder die Problematik, dass die "Gegenspuren" durchzuhören sind. Dabei hört man nicht nur die eigentliche Aufnahme, sondern zusätzlich die Gegenspuren rückwärts, als störendes "Gegurgel". Da es immer wieder Reklamationen wegen diesem technisch bedingten Effekt gab, brachte Revox 1979 ein Informationsblatt dazu heraus.

Das Streufeldübersprechen tritt übrigens bei allen 4-Spur Tonbandgeräten auf. Allerdings ist es bei hohem Grundrauschen des Tonbandes (qualitativ minderwertige Bänder) bzw. bei niedrigem Aufnahmepegel kaum oder gar nicht zu hören. Qualitätsbewußte Tonbandliebhaber, die eine möglichst erstklassige Tonbandaufnahme anstreben, verwenden deshalb auch 2-Spur-Geräte, denn bei diesen wird das Band auf der gesamten Spur in nur einer Richtung bespielt. Ein Streufeldübersprechen von Gegenspuren ist dadurch ausgeschlossen.

 


 

REVOX

DAS STREUFELDÜBERSPRECHEN BEIM VIERTELSPURGERÄT

Was ist das, das Streufeldübersprechen ...? So wird sich mancher Laie fragen und auch unter Fachleuten soll es vorkommen, dass dieser Begriff nicht immer klar und eindeutig erklärt werden kann.

Nun; gar so kompliziert ist die Sache nicht, denn man versteht darunter im wesentlichen das unerwünschte Durchhören einer anderen

 

 

Spur bei Viertelspur-Stereogeräten. Bei Viertelspur-Geräten ist jede Spur nur einen Millimeter breit. Bei gleichmäßiger Verteilung dieser vier Spuren auf das 6.3 mm breite Tonband ergibt sich ein Abstand von etwa 0.75 mm zwischen den einzelnen Spuren. Sehr viel Platz ist also nicht vorhanden. Bei einer Viertelspur-Stereoaufnahme ist es nun so, dass die zusammengehörende Information des linken und rechten Stereokanals auf die Spuren 1 und 3 bzw. 2 und 4 aufgeteilt ist. Zwischen 1 und 3 läuft also die Spur 2 in entgegengesetzter Richtung. Diese auf Band befindlichen Aufnahmen bestehen aus winzig kleinen Magnetfeldern, die je nach Tonhöhe und Bandgeschwindigkeit verschieden groß sind. Ein Kontrabaß kann zum Beispiel Töne im Bereich von 41 bis 220 Schwingungen pro Sekunde erzeugen. Streichen wir ein G auf der Baßgeige, so entstehen 98 Schwingungen pro Sekunde. Läuft das Tonband für die Aufzeichnung dieses Tones mit 19 cm in der Sekunde (genau 190.5 mm), so werden sich die kleinen Magnete mit ihren Nord- und Südpolen in einem Abstand von 190.5 : 98 = 1.94 mm aneinander reihen.

Aus der Physikstunde wissen wir noch, dass von einem Magnet ein magnetisches Feld ausgeht. Ist der Magnet groß, so reicht das Kraftfeld in den Raum hinaus: es ist also auch in einiger Entfernung noch wirksam. Bei kleinen (kurzen) Magneten hingegen, die durch die Aufzeichnung eines hohen Tones auf dem Band entstehen, ist das Kraftfeld weniger weit wirksam.

Jetzt sind wir der Sache schon etwas näher.

Kraftlinien gehen in den Raum hinaus, sie "streuen". Es entsteht also ein magnetisches Streufeld, welches wie gesagt bei den "großen" Magneten größer ist. Es ist sogar so groß, dass es über die 0.75 mm hinweg in den benachbarten Kopf hineinstreut. Dies ist eine Tatsache, die physikalisch bedingt ist.

Gibt es nun eine Möglichkeit, dagegen etwas zu tun?
In Grenzen, ja.

Überlegen wir: wenn die Magnete eines 98 Hertz Tones bei 19 cm Bandgeschwindigkeit 1.94 mm lang sind, so werden sie bei 9.5 cm nur mehr halb so lang sein. Also: wenn möglich kleinere Bandgeschwindigkeit wählen.

Ist man Liebhaber klassischer Musik, so sollte der Nachwuchs in der Familie sein Rockkonzert nicht auf dem gleichen Band in der Gegenrichtung aufnehmen; es könnte sonst in den Pianissimopassagen einer Symphonie schon zum Durchhören der Baßgitarre und des Schlagzeugs kommen.

September 1979/DO/sa

 

Original Abschrift der Revox-Mitteilung aus dem September 1979


 

Bemerkung: Ich habe viele Jahre lang ein 4-Spur UHER Variocord Tonbandgerät benutzt und nie eine Gegenspur gehört. Vielleicht lag es daran, dass ich aus Kostengründen die Aufnahmen nur in 9,5cm/Sek gemacht habe und zum Anhören die eingebauten (qualitativ nicht besonders umwerfenden) Lautsprecher benutzt habe. Als ich mir dann 1980 eine Revox B77 4-Spur Tonbandmaschine geleistet habe und die Aufnahmen (Rock- und Pop-Musik) ganz genau und kritisch über einen Revox-Kopfhörer abhörte, war ich wegen des Streufeldübersprechens enttäuscht von diesem teuren Gerät. Da ich an einen Defekt meiner Revox B77 bzw. verstellte Tonköpfe glaubte, habe ich das Gerät beim offiziellen Revox Service (Dabelstein & Lubos, Köln) reklamiert. Dort hatte man zwar keine richtige Erklärung dafür, meinte aber, man könne da nichts machen. Man habe mich mit wohl einem 4-Spurgerät falsch beraten. (Schade, man hatte das Revox Rundschreiben damals wohl nicht gelesen). Die von einem Bekannten ausgeliehene Revox B77 4-Spur hatte genau das gleiche Problem. Zunächst löste ich die Sache, indem ich die Bänder nur in einer Richtung benutzte.

Da ich mit meiner Revox B77 endlich besonders erstklassige Aufnahmen machen wollte, entschloß ich mich die Tonköpfe und den Löschkopf auf 2-Spur umrüsten zu lassen. Die Arbeiten wurden vom offiziellen Revox Service Bernd van Bevern, in Essen-Rellinghausen durchgeführt. Weil das Gerät erst ein paar Monate alt war, wurde der Oszillator sogar kostenlos getauscht. (Ganz toll, dankeschön! Heute weiß ich, dass die Revox B77 4-Spur und 2-Spur Geräte gar keinen unterschiedlichen Oszillator haben.)

Seither sind alle meine Tonbandgeräte 2-Spur Maschinen und ich genieße die erstklassige Qualität der Aufnahmen ohne Störungen.

ReelToReel 12.2006

 

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