Reise in die Vergangenheit. Spurensuche
Eine Fotogeschichte
Oder: Die Fortsetzung eines alten Themas: Die Historie der Firma. Was wurde aus den Gebäuden der Willi Studer GmbH?

Beim sehr schönen und erfolgreichen RFT 2006 in Regensdorf gab es ja nun ausführlich Gelegenheit, die alten Gebäude von Studer Revox zu besichtigen. Damit konnte man auch in Erfahrung bringen, was aus ihnen geworden ist. Nur das Hauptgebäude Althardstraße 30 aus dem Jahre 1980 wird noch von Studer im ursprünglichen Sinne genutzt. In Teilen scheint es auch schon leer zu stehen. Alle anderen drei Standorte auf der Althardstraße haben heute einen anderen Verwendungszweck. Das Gebäude mit der Nr. 10 dient schon seit Mitte der 90er Jahre einem Waren-Konzern als "Billig"-Kaufhaus. Die beiden ältesten kleineren Gebäude scheinen von verschiedenen Kleinbetrieben genutzt zu werden oder leer zu stehen. Die Revox AG hat ihre hier verbliebene Fläche zum Ende diesen Jahres aufgegeben.

Lediglich schwach erkennbare Schattenrisse der entfernten großen, roten Leucht-Schriftzüge "Revox" über den letzten Stockwerken weisen bei den beiden größten Gebäuden auf vergangene Zeiten hin ... Es stimmte mich zumindest nachdenklich. Nennen wir es Sentimentalität. Ein Augenblick des Innehaltens. Erkennen, mit welchem Tempo sich die Welt verändert und damit vor allem Technik und die Wirklichkeit der Arbeit.

Das RFT ist nun erst ein paar Wochen her und ein anderer Gedanke reifte bei mir, den ich schon länger in die Tat umsetzen wollte: Was wurde aus den anderen Immobilien im Besitz der Willi Studer AG? Nicht das ich danach gesucht hätte. Es hat sich einfach so ergeben. Ein eigenartiger Zufall.

Ein guter Freund hat im Februar 2005 von seinen Eltern das Wochenendhaus im Schwarzwald übernommen. Frisch renoviert liegt es einsam in den Bergen bei Gündelwangen. Schon beim Erstbezug war ich dabei. Zum Einkaufen fuhren wir in den nächsten Ort, ca. 8 Kilometer entfernt.
Bonndorf. Kam mir bekannt vor und wurde schwach mit Revox assoziiert. Da ich von nun an öfter in dem Haus bin, begann ich Ende des Jahres 2005 meine kleine Recherche zum Thema. Meistens blieb ja wenig Zeit. Freunde. Freundinnen. Feiern. Wandern. Skifahren. Blah. Und mein Thema interessiert ja nun wirklich niemanden in meinem Freundeskreis.

Den Jahreswechsel 2005/6 verbrachten wir wieder in Gündelwangen. Bedingt durch einen Migräneanfall fuhren die Anderen ohne mich auf den Feldberg. Ich kurierte mich aus. Danach Einkaufen in
Bonndorf. Die Gelegenheit, vorab nach dem Zweigwerk der Willi Studer GmbH zu suchen. Schließlich habe ich es durch Zufall gefunden. Hatte ja keine Adresse. Und auch keine Ahnung, wonach ich eigentlich suchte. Das Buch "Die sprechenden Maschinen" war nicht dabei. Meine anfängliche Suche führte mich in das neue Industriegebiet. Ergebnislos. Kreuz und quer durch das kleine Städtchen gefahren. Kurz vor dem Aufgeben. Und dann, zwischen den Häusern am Ende einer Wohnstraße entdecke ich über den Dächern einen großen Revox-Schriftzug. Darunter wurde eine Fabrikhalle sichtbar.


Bild 1: Der erste Blick: Die Entdeckung

Es war wie eine Fata Morgana. Die Firma existiert ja seit über zehn Jahren in dieser Form nicht mehr. Ich war elektrisiert. Stellte den Wagen ab und ging zu Fuß um das Gelände. Zuerst von der Rückseite. Dieser Revox-Schriftzug sieht eigenartig aus. Er machte auf mich nicht den Eindruck, als sei er ein Original. Wurde er nachträglich zur Erinnerung angebracht? Wieso sieht man ihn nur von hinten von einer sehr ruhigen Nebenstraße aus? Es blieb bisher keine Zeit, es in Erfahrung zu bringen.


Bild 2: Die Rückseite: Stilleben mit Bauschutt

Bild 3: Die Rückseite. Woher stammt dieser Schriftzug?

Bild 4: Linke Seite. Der Strommast. Relikt aus vergangenen Zeiten

Bild 5: Linke Seite. Links neben dem Strommast das Gebäude der Reststoffverwertung/ Sondermüll

Welche Funktion hat das Gebäude heute? Ein Blick durch die Fenster zeigte, das die Stadt Bonndorf einen Teil ihres Fuhrparks der Stadtreinigung hier im Erdgeschoß abgestellt hat. Zwischen den vielen Fahrzeugen waren noch Leitungen und Anschlüsse von der Decke kommend erkennbar, die auf die frühere Funktion des Gebäudes deuteten. Vor dem Haus steht noch ein funktionsloser Hochspannungsmast, der den Stromverbrauch andeutet, der hier einmal zu Zeiten der Willi Studer GmbH bezogen wurde. High Tech sieht anders aus. Links neben dem alten Studer-Gebäude steht die städtische Reststoffverwertung bzw. Sondermüllabgabestelle. Die Stadt scheint den gesamten Komplex übernommen zu haben ...

Das Gebäude der ehemaligen Willi Studer GmbH macht einen herunter gekommen Eindruck. Ich glaube, es wird bald abgerissen. Für seinen Erhalt wird scheinbar nicht viel getan. Es ist eine Großraumgarage.


Bild 6: Blick von links auf die Vorderseite.

Bild 7: Blick von rechts auf die Vorderseite. Der Eingang

Keine Ahnung, ob es bereits einen neuen Bebauungsplan gibt. Wenn nicht, ließe sich auf der oberen Etage vielleicht das Studer/ Revox Museum unterbringen. Da können keine Fahrzeuge parken. War Willi Studer nicht Ehrenbürger der Stadt Bonndorf? Ein kleiner Scherz. Wenn ich mich richtig erinnere, scheint auf einem Teil der oberen Etage das Rote Kreuz Raum bezogen zu haben.

Nun bin ich richtig neugierig geworden. Olaf im Revox-Land. Am Nachmittag des gleichen Tages machte ich mich auf den Weg nach Löffingen. Die Stadt liegt vielleicht 20 Kilometer von
Bonndorf entfernt. Wunderschöne winterliche Landschaft. Die Wutachschlucht. In dieser Idylle fand einmal Industriegeschichte statt. Am nächsten Tag bin ich noch einmal hin, da der Akku meiner kleinen digitalen Kamera leer war (darum gibt es Bilder mit und ohne Tauwetter). Nun konnte ich sogar meinen Freund und dessen Freundin für eine Reise in die Vergangenheit begeistern. War mir zunächst unangenehm, aber ihnen schien es Spaß zu machen.

Löffingen ist relativ schön (im Altstadtbereich) und größer als
Bonndorf. Am Rande der Stadt wurde es durchaus auch sehr häßlich. Wieder zielloses Umherfahren. Die Fahrt ins neue Industriegebiet führte wieder ins Leere. Passanten nach der Talstraße befragt. Keiner hatte Ahnung. Irgendwann dann der Hinweis. Etwas abgelegen, direkt am Rand der Stadt. Dahinter endlose Landschaft. Links und rechts Kleinbetriebe. Stille. Nichts. Es ist die Zeit zwischen Weihnachten und Neujahr. Winter. Viel Schnee.


Bild 8: Talstraße 7

Bild 9: Das einzige "Lebenszeichen": Im ersten Fenster links neben dem Verkehrsschild
arbeitet die Heizung ...

Bild 10: Der schmucklose Eingang

Die ehemalige Studer Revox GmbH, Talstraße 7. Leer stehend. Nichts. Alle Räume, die ich einsehen konnte, zeigten keinerlei Spuren einer Nutzung. Besenrein. Die von der Decke kommenden Versorgungsleitungen verrieten auch hier den alten Hausherren. Lediglich im Heizungsraum arbeiteten die Kessel, um das Haus vor Frostschäden zu schützen. Das Haus scheint nicht unterkellert zu sein. Es machte einen gepflegten Eindruck. Selbst die Fenster schienen geputzt zu sein. Nichts war defekt oder eingeschlagen, wie in Bonndorf. Kein Schild oder Namenszug wies auf die Geschichte hin. Ob es jemals nach dem Auszug von Studer Revox noch einmal vermietet war, entzieht sich meiner Kenntnis. Es machte nicht den Eindruck.

Gegenüber der Talstraße, durch eine gemeinsame Parkfläche mit Grünflächen und Baumbestand getrennt, liegt ein weiteres Gebäude an der Oberen Hauptstraße. Beide Bauten sehen sich sehr ähnlich. Mehrstöckiger Kopfbau, an dem sich ein zweistöckiger lang gestreckter Anbau anschließt.


Bild 11: Talstraße 7

Bild 12: ... und gegenüber die Obere Hauptstraß

Das Gebäude an der Obere Hauptstraße ist größer und wirkt jünger. Vielleicht in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts erbaut. Ich weiß nicht, ob es einmal zur Studer Revox AG gehörte und ob es im Auftrag von Willi Studer erbaut wurde. Allerdings hatte Revox meines Wissens im Zeitraum von 1992 – 1994 hier sein deutsche Adresse. Danach war es wieder die Talstraße, bevor man nach Villingen zog. Wie gesagt, die Nutzung zu Studers Zeiten entzieht sich meiner Kenntnis. Meine Informationen bzgl. dieser Adresse bezog ich aus alten Prospekten.

Dieses Gebäude ist heute zumindest in großen Teilen von einer mir nicht weiter bekannten IT-Firma genutzt (wenn ich mich da jetzt richtig erinnere). Was im Anbau ist, habe ich nicht in Erfahrung bringen können. Hatte keine Lust durch den Schnee zu stiefeln. An Studer Revox erinnerte auch hier überhaupt nichts.


Bild 13

Bild 14

Bild 15: Hinter den Sträuchern, vor dem Geländer im rechten Teil des Bildes gab es 1994
das Eröffnungsfest der neuen ReVox AG

Auf der DVD mit alten Fernsehbeiträgen von 1994 über und mit Willi Studer, die ich freundlicher Weise über das Forum bekommen habe, sieht man in den Schlußbildern eine Feier zum Neubeginn der Revox AG. Willi Studer ist mit seiner Sekretärin (?) anwesend. Das muß so um 1994 gewesen sein. Diese Feier fand oberhalb der Laderampe am Gebäude an der Obere Hauptstraße statt, wie es auf dem Bild 15 zu sehen ist.


Bild 16: Der Blick zurück: von der Obere Hauptstraße zur Talstraße

Danach gingen die beiden alten Herrschaften dann ab zu ihrem Auto, was etwa da parkte, wo im Foto 16 das Fahrzeug steht. Dann fährt es aus dem Bild. Das leere Bild bleibt für den Abspann stehen. Mit dieser Einstellung endet der Fernsehbeitrag. Es ist auch mein Schlußbild aus Löffingen.

Nach dieser Exkursion erkundeten wir die winterliche Gegend weiter. Ohne konkretes Ziel. Es war einfach schön. Auf dem Weg von Löffingen zurück nach
Bonndorf bogen wir hinter der Wutachschlucht ab. Mein Freund erinnerte sich an seine Kindheit. Er suchte eine Wurstfabrik. Wie es der Zufall wollte, fuhren wir dann irgendwann durch Ewattingen. Ich wußte nicht, das es hier lag. Mein Freund und seine Freundin wollten, daß ich weiter nach der Revox-Vergangenheit forsche. Manchmal scheint mein kleiner Spleen doch ansteckend zu sein. Aber meine Lust war verflogen. Die ganze Fahrerei war doch nach meiner anfänglichen Migräne anstrengend und so beendeten wir den Tag mit Blicken auf die Erinnerungen meines Freundes.

Ewattingen war nicht vergessen. Ende April 2006 war ich wieder da. Wieder mit einer Migräne. Vorab ein Tagestermin bei Revox in Villingen. Ewattingen ist ein gemütlicher kleiner Ort. Sehr überschaubar. Landwirtschaftliche Betriebe bestimmen das Ortsbild. Keine Industrie. Nach kurzer Fahrt durch die Ortsmitte entdeckte ich die ehemalige Studer –Revox-Produktionsstätte.


Bild 17: Auf den ersten Blick einem Schulgebäude nicht unähnlich

Bild 18: Das Gebäude steht ebenfalls in seiner Gesamtheit leer. Lediglich einige Paletten lagern im Inneren.

Bild 19: Das vordere Haus ist im Erdgeschoß scheinbar bewohnt.
Wenn ich mich recht erinnere, ist es ein Kunstgewerbler, der hier auch seine Werkstatt hat.

Bild 20: Die Rückseite mit der Zufahrt für LKW
Wie auf den nächsten Bildern zu erkennen ist, wurde an dem alten Gebäude eine neuere Halle angebaut.
Wurde dieser Anbau noch unter der Regie von Willi Studer errichtet? Keine Ahnung.


Bild 21: Neben einer älteren Laderampe wurde eine zweite installiert.
Oder wurden sie zeitgleich errichtet?
Mir scheint dieser Anbau jüngeren Datums zu sein.
Die rechte Laderampe könnte schon ein Teil des älteren Gebäudes sein.

Bild 22:

Bild 23: In ihren Dimensionen ist die neuere Halle von der Fläche und vom Volumen wesentlich größer ..


Bild 24:

Dieser Anbau wirkte auf mich wie eine riesige Lagerhalle. Sie hatte keine weiteren Etagen oder Trennwände. Gut vorstellbar, daß die im Haus hergestellten Lautsprecher hier auf ihren Abtransport warteten. Heute wird die Halle wohl in Teilen noch genutzt. Kann mich allerdings nicht mehr genau daran erinnern. Da hingen große, also eher riesige "Dunstabzugshauben" von der Decke, teilweise noch nicht fertig gestellt. Aber dieser riesige Raum wirkte trotzdem leer.

Wie gesagt: es hat sich ergeben. Ich habe nicht danach gesucht. Es war ein schöner Zufall.

MfG

Olaf


Veröffentlicht im Revox-Forum Juli 2006, hier wiedergegeben mit freundlicher Genehmigung von Olaf 01/2007


Zurück