Tonbandgerät
Revox B77

Revox hat vor elf Jahren (1967) ein Tonbandgerät auf den Markt gebracht, das für lange Zeit Maßstäbe gesetzt hat und heute noch genauso aktuell ist wie damals - die A77. SicherIich wurde manches daran verbessert, aber konstruktiv blieb sie unverändert. Die neue B 77 basiert auf dem gleichen Konzept, sie wurde lediglich in der Elektronik dem immensen Fortschritt angepaßt. Die wesentliche Neuerung ist dabei die Logiksteuerung des Laufwerks. Zwar sind Wickelmotoren, Tonmotor, Kopfträger, Bandlauf über einen Fühlhebel mechanisch weitgehend identisch mit der A 77, aber die ganze Elektronik ist wesentlich kleiner, sozusagen auf einem Print, wo bei der A 77 noch acht nötig waren. Auch optisch ist die Abstammung noch sichtbar, die B 77 ist etwas größer, aber die Zweiteilung in Elektronik und Bedienteil unten mit darüberliegendem Laufwerk Ist gleichgeblieben.

Allerdings sind die Bedienungselemente anders verteilt: links der Netzschalter, die Geschwindigkeitswahl mit zwei gegenseitig auslösenden Drucktasten und der Monitorteil mit dem Vor-Hinter-Bandschalter, dem Betriebsartenschalter (Links, Stereo Reverse, Stereo, Mono, Rechts) und zwei Klinkenbuchsen für die Kopfhörer mit einem separaten Lautstärkeregler. Der Kopfhörerausgang ist jetzt auch für orthodynamische Kopfhörer stark genug. Auf der rechten Seite ist die Logiksteuerung des Laufwerks mit sechs Tipptasten, darüber sind die beiden Anzeigeinstrumente (VU mit einem Anzeigebereich von -20 bis + 3 dB) mit je einer "Peak"-Leuchtdiode. In der Mitte des Elektronikteils sind die Eingangswahlschalter mit den Pegelreglern, Signalleuchten für Aufnahme und die Mikrofon-Klinkenbuchsen. Diese genial einfache Lösung -verschiedene Eingänge auf die Regler zu schalten ist in dieser Konsequenz nur bei Revox zu finden - spart in der Praxis viele Probleme und ermöglicht eine Vielzahl von Trickmöglichkeiten ohne besonderen Aufwand (Duoplay, Multiplay, Simultanaufzeichnung, Echo-Schaltung).

Die roten Aufnahmelämpchen leuchten leider erst dann auf, wenn das Band läuft. Es wäre sicher praxisgerechter, sie bereits dann aufleuchten zu lassen, wenn die Aufnahmevorwahl eingeschaltet wird. Unter einer kleinen Abdeckung ist ein Schalter für die Anpassung des Bandzugs an die Spulengröße. Dieser wirkt gleichmäßig auf beide Wickelmotoren. Vor dem Kopfträger ist eine kleine Schiebetaste, mit der das Band bei Stop an die Köpfe angelegt werden kann und gleichzeitig die Wiedergabeverstärker eingeschaltet werden. Diese dient zum Schneiden der Bänder, bzw. Aufsuchen von Schnittstellen. Zum eigentlichen Schneiden ist eine kleine Schere mit Klebeschiene rechts vom Kopfträger eingebaut, eine äußerst praktische Lösung. Wer allerdings viel schneidet, sollte sich eine etwas größere Schiene besorgen, da das Kleben an der kleinen eingebauten etwas mühsam ist.

Der Bedienungskomfort der B77 ist durch die Logiksteuerung gegenüber der A77 erheblich größer. Das Laufwerk folgt den Steuerbefehlen sehr rasch und exakt, es ist eine Freude mit den Schnellauftasten zu rangieren. Die B-Version hat nun auch eine Pausentaste, die nicht einrastet und auf alle Lauffunktionen - auch den Schnellauf - wirkt. Aber auch der Cutterhebel hat Einfluß auf die Steuerung. Betätigt man diesen Hebel während die Maschine läuft, wird sofort auf Stop geschaltet, das Band bleibt aber an den Köpfen. Ebenso kann während der Cue-Funktion mit den Schnellauftasten hin- und hergefahren werden um eine bestimmte Bandstelle zu finden. Allerdings können zum genauen Suchen der Schnittstelle die Bremsen der Wickelmotoren nicht mehr gelöst werden.

Wie bei der A77 ist eine Fernsteuerung anschließbar, als Neuerung kann der Tonmotor mit einem Zusatzgerät stufenlos in der Geschwindigkeit geregelt werden. Auch ein Diakopf ist nachrüstbar. Der Ausgangspegel für die Verstärkerausgänge kann mit Trimmern an die Empfindlichkeit des nachfolgenden Eingangs angepaßt werden, die Instrumentenanzeige wird davon nicht beeinflußt. Aber auch die B77 hat einige Nachteile, die jedoch bei Revox nichts Neues sind: die trägen VU-Anzeigeninstrumente und die ziemlich billigen Knöpfe. Die Schalter sind etwas klobig und verdecken die Beschriftung leicht. Warum Revox nicht etwas mehr für diese Details aufwendet, die das Erscheinungsbild eines Geräts mitbestimmen, bleibt unerfindlich.

Welcher der beiden Maschinen man den Vorzug gibt, ist einmal eine finanzielle Frage die B kostet immerhin rund 500 DM mehr außerdem eine Frage des gewünschten Bedienungskomforts. Anhand der technischen Daten kann die Frage nicht zugunsten eines Gerätes entschieden werden, diese sind bei beiden hervorragend. In einzelnen Werten mag die B77 durch die modernere Elektronik der A77 leicht überlegen sein; hörbare Klangunterschiede existieren auch im direkten Vergleich keine. Die A77 soll momentan lediglich in der Normalversion von der B77 abgelöst werden; die A77 mit Dolby oder 38 cm/s etc. wird weitergebaut.

Speziell Technisches

Alle Daten des Laufwerks sind Spitzenklasse, die geringen Gleichlaufschwankungen auch bei 9,5 cm/s, der praktisch nicht vorhandene Schlupf, die Umspulgeschwindigkeit, das saubere Wickelverhalten. Es bedarf wirklich keiner besonderen Erklärung, warum Revox im wesentlichen am Laufwerk der B77 gegenüber der A77 nichts geändert hat. Der Bandzug muß je nach verwendeter Spulengröße umgeschaltet werden, um dünnes Band nicht zu stark zu beanspruchen, immer gleich gute Schlupfwerte zu haben und für saubere Bandwickel, da die effektive Geschwindigkeit bei großen Spulen höher ist.

Die Wiedergabefrequenzgänge entsprechen nicht exakt dem DIN-Bezugsband, in den Tiefen ist eine leichte Anhebung, in den Höhen fallen sie dagegen etwas ab. Eine Überraschung bereiten die Gesamtfrequenzgänge mit dem alten Revox-Band 601; bei beiden Geschwindigkeiten ist ein Höhenverlust gegenüber dem DIN-Band festzustellen, letzteres zeigt - wie das neue Band 621 - einen recht ausgeglichenen Verlauf. Dies ist ja kein konstruktives Problem, sondern nur eine Frage des exakten Einmessens. Bei allen guten Bandsorten ist durch genaue Arbeitspunkteinstellung ein linearer Verlauf bis 20 kHz ± 0,5 dB möglich. Wer die Qualität seines Geräts mit anderen Bändern optimal nutzen will, sollte sich das bei seinem Fachhändler justieren lassen (unser Testgerät lieferte das Revox-Werk Löffingen direkt an).

Ganz ausgezeichnet sind Übersprechdämpfung und Löschdämpfung. Die exzellenten Störabstände machen jede Diskussion über Sinn und Unsinn eines Rauschunterdrückungssystems überflüssig; auch bei der kleinen Geschwindigkeit genügen sie bei normalem Programm für ein rauschfreies, natürliches und unverzerrtes Klangbild. Lediglich bei starken Höhenanteilen sollte mit 19 cm/s aufgenommen werden, um keine Höhenkompression hinnehmen zu müssen. Die Tiefendynamik könnte noch besser sein, wenn die Brummanteile bei 50, 100, 200 und 250 Hz stärker unterdrückt werden könnten. Ansonsten ist die Aussteuerungsfläche hervorragend.

Ein besonderes Problem ist immer die Aussteuerungsmessung, Revox hat sich wiederum für VU-Meter mit annähernd gleicher Anstiegs- und Rücklaufzeit entschieden. Da diese sehr träge sind, werden Spitzen im Programm von Leuchtdioden angezeigt. Diese liegen + 5,5 dB über 0 VU, bei einem Klirrfaktor von 0,85%. Man kann also im allgemeinen soweit aussteuern, daß diese immer etwas blinken, ohne sich Verzerrungen einzuhandeln. Aber ob man sehr weit oder ganz knapp unter diesem Pegel liegt, sieht man natürlich dieser einzelnen LED nicht an, genauso wenig, ob die Übersteuerung 1 oder 10 dB beträgt. Man hört's höchstens, aber dann ist es schon längst zu spät. Es ist völlig unverständlich, warum Revox bei seinen technisch ausgeklügelten Geräten immer an diesem Punkt spart und schlechte Kompromisse eingeht. Spitzenspannungsanzeigen können nicht die Welt kosten, wie manch andere Firmen mit ihren billigeren Geräten zeigen. Auch Studer setzt solche im professionellen Sektor ein.

Die Ein- und Ausgänge sind alle vorbildlich ausgeführt und von der A77 bekannt. Es soll nur auf den Quellwiderstand des Line-Ausgangs hingewiesen werden, der sehr niedrig liegt. Dies ist an sich begrüßenswert, es ermöglicht lange Leitungen, ohne Störanfälligkeit befürchten zu müssen. Probleme kann es nur geben, wenn der Ausgang mit einem zweiten Gerät parallel geschaltet wird. Dessen Quellwiderstand muß dann ebenfalls so niedrig liegen, da sonst dessen Ausgangsspannung ganz erheblich sinkt.

Das Gerät ist ganz hervorragend konstruiert und verarbeitet, die Schalter funktionieren alle ohne zu knacken, auch bei Aufnahmebeginn kommen keine Knackser aufs Band. Zu erwähnen ist noch die kurze Einschaltverzögerung beim Einschalten des Netzes. Mit 17 kg ist die B77 noch gut zu transportieren und damit auch ideal für kleine Studios als mobiles Aufnahmegerät.

Reimund Grimm


Bemerkungn:
Artikel aus einer unbekannten Zeitschrift, ca. 1978.
Fotos aus dem Internetm, von einem unbekannten Fotografen


Zurück zur B77 Hauptseite